Start, 16. Juli
Heute geht es endlich los. Gegen halb elf findet die Steuermannsbesprechung statt. Dieses Mal sind wir auch dabei! Es wird noch einmal kurz auf die Startprozedur – zuerst die Solos, dann die Duos – eingegangen und Fragen werden beantwortet, die wir aber mangels Französischkenntnissen leider nicht verwerten können. Danach gibt es ein buntes Treiben auf den Pontons: Viele Crews haben Familien und Freunde mit dabei und es wird der ein oder andere Abschiedsschluck getrunken und ein paar Kleinigkeiten werden verspeist. Gegen 13 Uhr verlassen die ersten Solos den Ponton, wir legen gegen halb zwei ab …
Die Auslaufparade ist sehenswert: Bei strahlendem Sonnenschein haben sich viele Menschen auf den Pontons, Schlauchbooten oder Segelyachten eingefunden. Wir genießen den Trubel.
Diesmal gibt es auch eine ordnungsgemäße Startlinie. Wir vermeiden die beiden Linienenden, wo es doch recht voll wird, und starten ziemlich gut in der Mitte der Linie. Speed und Höhe passen und wir fahren mit den anderen JPK10.80 mit. Diesmal entscheiden wir uns klar für eine Seite der Startkreuz: Wir machen den langen Schlag zur Île de Groix und kreuzen in kurzen Schlägen die NO-Küste der Insel hoch. Die ganze Zeit wird das Feld von Motorbooten mit Zuschauern begleitet. Wir sind doch ziemlich erstaunt über die vielen Zuschauer. Die Luvmarke liegt nördlich von Pen Mer – dem nordwestlichen Kap der Insel. Dort runden wir unter den ersten zwanzig Schiffen und nehmen Kurs Richtung Südwesten. Nächstes Ziel: Quinta do Lorde, Madeira, ca. 1.100 Seemeilen entfernt.
1. Tag auf See, 17. Juli
Nach dem Start hatten wir uns etwas weiter westlich als das übrige Feld gehalten, um möglichst frühzeitig in das von Westen kommende Windfeld zu gelangen. In den Abend- und Nachtstunden des Sonntags geht es unter A5 – dem asymmetrischen Gennaker – und später S2 – dem großen Topspinnaker – raus auf die Biskaya.
Am Montag frischt der Wind tagsüber weiter auf und wir wechseln auf den S4 – den Spi lourd. Bei bis zu 28 kn Wind geht es flott voran (max. BS = 15+ kn). So langsam kommen wir auch in unseren Schlafrhythmus. Mehr als zwei bis drei Stunden am Stück sind nicht drin. Sowohl als Wachgänger als auch zum Schlafen. Wir kommen ganz gut damit zurecht.
Das Feld ist schnell außer Sichtweite. Nur nachts, bei atemberaubend sternklarem Himmel, kann man hier und da die Positionslichter anderer Schiffe erkennen.
2. Tag auf See, 18. Juli
Die komplexe Wettersituation rund um das Kap Finisterre bestimmt den Dienstag. Normalerweise erzeugen das Hochdruckgebiet über den Azoren und das spanische Festlandtief eine kräftige Nordströmung entlang der portugiesischen Küste.
Zurzeit ist alles anders. Ein kurzer Ausflug in die Meteorologie: Ein Wirbel hat sich vom spanischen Festlandtief gelöst und wandert westwärts. Ein weiteres Tief zieht von Spanien über die innere Biskaya nordwärts. Die Hochdruckbrücke im Westen baut sich ab. Darüber hinaus schwenkt eine Kaltfront bis Mittwoch durch.
Das bedeutet: An der spanischen Nordküste setzt vorübergehend Westwind ein. Vor Kap Finisterre baut sich frontvorderseitig Südwind auf. Mit Annäherung der Kaltfront setzt weiter westlich Westwind ein, der sich bis zur spanischen Küste durchsetzt. Und wir mittendrin …
In den frühen Morgenstunden schläft der Wind für mehrere Stunden fast komplett ein, um dann gegen Sonnenaufgang aus Südwesten wieder einzusetzen. Das ist für unseren Kurs genau ‚auf den Kopf‘.
Die Entscheidung, ob wir das TSS Verkehrssee- oder landseitig runden wollen, ist schwierig. Adrena rechnet uns immer ein Routing unter Land aus. Die neuesten GRIB-Daten zeigen, dass dort aber mit Starkwind bis 30 kn zu rechnen ist. Das wollen wir dann doch vermeiden. Befindet man sich einmal zwischen TSS und spanischer Küste, gibt es kein Zurück mehr. Die Route müsste man dann notgedrungen durchhalten. Die seeseitige Rundung des TSS bringt uns schneller in den aus Westen einsetzenden Nordwestwind. Allerdings ist der Weg länger. Wir entscheiden uns schließlich für die letzte Variante und wenden mittags, um nach WSW zu segeln. Gegen Mitternacht haben wir endlich die nordwestliche Begrenzung des TSS erreicht und können wenig später nach Süden ‚abbiegen‘.
Danke für die Erklärung, habe mich schon über euer hinundher gewundert…